Nicht jeder strenge Vater ist gleich Gott

Eine Ergänzung zu Walter Ötsch in den Salzburger Nachrichten vom 17. 9. 2016

[FPÖ]
[bpw16]
[Framing]
[strict father]

Ist es “religiöse Überhöhung”, wenn FPÖ-Präsidentschaftskandidat Hofer das Matthäus-Evangelium bemüht? Stilisiert er sich gar zum Erlöser, wie sein Parteiobmann, der sich gerne mit dem Kreuz zeigt?

Ich lese aus der freiheitlichen Kampagne zur Bundespräsidentschaft eine wesentlich einfachere Antwort:
Im Wertekanon konservativer blauer WählerInnen ist eine Position zentral, die des “strengen Vaters”. Der, der es besser weiß. Der, der die Lösung kennt und durchzusetzen bereit ist. Der, der die Macht hat zu entscheiden, wer oder was gut oder böse ist.

Jörg Haider ließ noch plakatieren, dass er “an euch glaubt”, die FPÖ von heute beschützt 333 Jahre nach den “Türkenkriegen” noch immer das Abendland und Norbert Hofer verspricht: “Wenn ich Bundespräsident bin, gebe ich euch euer Österreich zurück.”

Es ist nicht wesentlich, was diese Sentenzen auf der Faktenebene bedeuten. Eine christliche Gesinnung ist zum Verständnis der Botschaften gar nicht wesentlich. Die Sehnsucht nach einem starken Mann, dem “father who knows best”, ist genau das, worauf Hofer zielt. Und er trifft. Der Sager, dass wir uns noch wundern würden, was alles möglich sei, war kein Ausrutscher, keine Provokation. Sondern eine gezielte Botschaft, die genau in die Kerbe schlägt, die Ötsch religiös versteht: Ich, Hofer, habe die Macht. Und ich bin bereit sie einzusetzen.

Wahrscheinlich glaubt ja nicht einmal Parteigeneral Herbert Kickl selbst, dass Österreich von TerroristInnen überschwemmt wird. Aber er weiß, dass dank einschlägiger Berichterstattung in den Köpfen seiner potentiellen WählerInnen die wenigen bisherigen Terrorakte in Europa in seiner Zielgruppe salient also auffallend, herausragend genug sind, um daraus ein entsprechendes Szenario zu stricken. Dank medialer Berichterstattung sind Lottogewinner, Terroropfer und das Wetter von morgen präsenter als die tausenden Flüchtlinge, die sich redlich um einen Platz in Österreich und um das Lernen der deutschen Sprache bemühen.

Die FPÖ zeigt damit einmal mehr, dass sie sich als erfolgreichste – vielleicht auch einzige – der heimischen Parteien mit dem Framing ihrer Botschaften beschäftigt: Starker Vater, Bedrohungsszenario und ein paar “saliente Beispiele” – fertig ist die Kampagne!

Öffentlicher Verkehr ist vor allem teuer! Ein Brief an die Arbeiterkammer…

[Öffentlicher Verkehr]
[Auto]
[Mobilität]
[Arbeiterkammer]

Liebe KollegInnen bei der Arbeiterkammer,

ich schätze eure Arbeit wirklich. Ehrlich! Gerade im Bereich Mobilität seid ihr oft unter den wenigen progressiven Playern zu finden. Und eure Forderungen zum Ausbau der Schnellbahn unterschreibe ich mit Begeisterung.

Was habe ich dann zu jammern?

Ihr baut darauf, dass eure gut recherchierten Fakten für sich selber sprechen. Tun sie aber nicht. Wenn ich mir eure Website ansehe, lerne ich vor allem eines: Bist denn du deppert! Das ist ja völlig unfinanzierbar!

Ihr habt einmal mehr vergessen, eure Inhalte zu framen!

Kurz einen Schritt zurück: Wir brauchen nicht vorsichtig und diplomatisch zu formulieren. Wir brauchen nicht nach der “Mitte” zu schielen. Weil es die nicht gibt. Um progressive Inhalte nachhaltig zu etablieren, braucht es die richtigen Frames. Eigene Frames, nicht die der anderen!

Gut geframte Texte zu Mobilität weisen dem PKW aktiv eine Rolle unter “ferner liefen” zu.

Was macht ihr? Einmal mehr betont und und betoniert ihr das alte Bild von der Unverzichtbarkeit des Autos. Gleich in den ersten Zeilen singt ihr das Lied von der überragenden Rolle des eigenen KFZ. Ihr macht den Frame auf [Gegenwart] = [PKW] = [Zukunft], durch die prominente Feststellung, dass der PKW-Verkehr weiterhin zunehmen wird.

Spätestens an dieser Stelle steigt die Hälfte der LeserInnen aus. Weil ja offensichtlich der PKW deutlich wichtiger ist als die Bahn. Ohne Auto geht gar nichts, plus 52 Prozent bis 2030. Na dann muss ja weiter in die Straßeninfrastruktur investiert werden. Um die Bahn können wir uns später kümmern.

Und teuer ist die Bahn auch noch! Ein Kilometer Umbau kostet 35 Millionen Euro!

Der kritische Vergleich mit der U-Bahn ist kontraproduktiv. Ein öffentliches Verkehrsmittel gegen ein anderes auszuspielen, welchen Sinn soll das haben? Teuer ist der PKW (v.a. die privaten Kosten, die Belastung der Haushalte durch den Besitz eines Autos), unerträglich teuer ist der Straßenbau (3 Milliarden Lobau-Autobahn!). Kosten darstellen ist wichtig. Aber bitte in einem Frame, der den persönlichen Nutzen betont. In einem Frame, der das Auto als teuer zeigt. Ein Match zwischen verschiedenen ÖV-Teilen ist entbehrlich.

Meine Bitten an euch:

  • Überlassen wir die Frames, die rund um die Werte Individualität, Flexibilität und Freiheit gestrickt werden, nicht den AutofahrerInnen-Parteien, dem ÖAMTC und dem ARBÖ!
  • Framen wir den ÖV als den einzigen Verkehr schlechthin. Das Auto soll in Zukunft nur mehr eine bescheidene Rolle spielen. Also formulieren wir bitte auch so!
  • Fangen wir heute damit an!

Herzlich
Axel Grunt

Nizza: Wenn Mitterlehner progressiver framet als Kern…

[Terrorismus]
[Nizza]
[Kern]
[Mitterlehner]
[strict father]
[Empathie]
[Empowerment]

Das gestrige Verbrechen von Nizza mit seinen knapp 100 Opfern macht klar, wie wichtig das Framing von Katastrophen ist. Und wessen Werte und wessen Politik den Diskurs bestimmen und bestimmen werden.

Konservative haben es heute leicht – je extremer desto leichter:

Heinz Christian Strache ist als [Bürgerkanzler] ohnehin der [father, who knows best].
Er kann sich auch den simplen Standpunkt stellen: Hätte “man” (=diese illegitime Regierung) früher auf mich gehört, wären ohnehin alle radikalen Islamisten bereits ausgewiesen.
So simpel so nutzlos, genauso wie das Auge um Auge-Narrativ von Russlands Regierungschef Medwedew: „Die Terroristen und ihre Anhänger verstehen nur die Gewalt, und die müssen wir anwenden“. Der [starke Mann] wird die schlechten Menschen [bessern], und das geht nur [mit Gewalt].

In Österreich zeigt auch Außenminister Sebastian Kurz, dass er weiß, was zu tun ist (verkürztes Zitat): “Wichtig ist, dass wir [unseren Lebensstil] weder aufgeben noch verändern sondern [ganz entschlossen], diese Terroisten bekämpfen. [Militärisch, polizeilich und natürlich auch ideologisch].”
In anderen Worten: Wir geben keinen Schritt nach, wir sind auf dem richtigen Weg, wer anders denkt, wird bekämpft. Dialogangebote kann es nicht geben. Dass ein Außenminister kein Wort über die historischen Wurzeln von Terrorismus verliert (hat sich Kurz dazu jemals geäußert?) und kaum etwas in Richtung internationaler Entwicklungszusammenarbeit unternimmt, passt perfekt in sein Rollenbild.

Ein extrem guter Framer ist Wolfgang Sobotka. Er hat sein Handwerk ja in der NÖ Volkspartei gelernt. Der Innenminister bewegt sich perfekt auf konservativem Terrain, wirkt dabei aber progressiv und spricht damit die Bi-conceptuals an, jene WählerInnen, die sowohl konservativ als auch progressiv denken können: Der [Mensch] ist von Natur aus [schlecht], kann sich aber [bessern]. Wer sich auf “uns” zubewegt und “unsere” Werte übernimmt, dem reichen wir die Hand. Sobotka spricht von Prävention, damit Menschen erst gar nicht in ein Umfeld mit krimineller Energie kommen. Das Ziel: “Dass junge Menschen in ihrem Leben Sinn erkennen, (…) dass sie Arbeit finden und zu wertvollen Mitgliedern unserer Gesellschaft heranreifen können.”

Da hat der Bundeskanzler nichts entgegenzusetzen. Obwohl Christian Kern sonst sehr bewusst mit Worten umgeht, fällt ihm heute gar nichts ein: “Frankreich, die große Nation, steht für europäische Werte, die auch unsere Werte sind und diesen hat dieser Anschlag gegolten.” Statt progressivem Framing bringt Kern bloß die Wichtigkeit von Polizei-Kooperation auf europäischer Ebene.

Für mich die große Überraschung bietet ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner.
Obwohl konservativer Spitzenpolitiker bedient er besser als der Kanzler progressive Werte: Empathie und Empowerment. Der Vizekanzler betont die Wichtigkeit von Integration. Was soll seiner Meinung nach nun passieren: “Einerseits respektvoll miteinander umzugehen, das von der Schule, vom Kindergarten auf zu lernen. Auf der anderen Seite wird man den Terror (…) auch die Grundlagen entziehen müssen…”. Respekt. Was für ein schönes, wichtiges Wort an einem Tag wie heute.
Herr Mitterlehner, ich ziehe meinen Hut!

(alle Zitate aus dem Ö1 Mittagsjournal vom 15. Juli 2016, außer Strache (facebook))

ÖXIT – die FPÖ wärmt für die Nationalratswahl auf

[EU]
[Zentralismus]
[Kanzler]
[starker Mann]
[Hofer]

Aha.
Norbert Hofer stellt der EU (in einem Interview mit der Gratiszeitung “Österreich”) also ein Ultimatum: Veränderungen innerhalb eines Jahres oder österreichisches Austrittsreferendum.
Bedient wird dabei ein bekannter – wirkungsvoller – Frame:

[EU] = [Zentralismus], und dieser Zentralismus sei extrem verwerflich, weil “uns” ja dann “die” sagen, was wir zu tun und zu lassen haben. Das ist Hofers Klientel gewohnt und dieser Frame wird von “Österreich” oder der Kronenzeitung ja auch regelmäßig bestärkt.

Konsequenterweise müssten FPÖ-WählerInnen dementsprechend einen Freiheitlichen an der Staatsspitze ablehnen. Strache verstünde sich als [Kanzler] wohl als [starker Mann], der rasch und ohne viel Gerede die (richtigen!) Entscheidungen fällt.

[FPÖ-Kanzler] = [Zentralismus] wäre die logische Folge. Unter Strache könnten wir wieder nicht an wesentlichen Entscheidungen teilhaben. Das wird FPÖ-SympathisantInnen aber kaum von ihrer Wahlentscheidung abbringen. Weil der Strache ist ja “einer von uns”, handelt also automatisch und intuitiv in “unserem” Sinn.

Interessant, wie beim Thema Zentralismus die Perspektive springen kann. Je konservativer desto mehr Macht beim (zentralistischen) “starken Mann” und möglichst wenig Macht bei als ferne empfundenen Institutionen, seien sie in Wien oder in Brüssel.

Je progressiver desto dringender der Wunsch, die Kompetenzen einzelner Parteien oder PolitikerInnen zu begrenzen. Und desto lauter der Ruf nach intensiver Kooperation und – siehe globale Migration – gemeinschaftlicher, zentral organisierter Problemlösung.

Also Widerstand gegen Zentralismus auf allen Seiten.

Können wir das Rätsel lösen? Wir Menschen haben das Bedürfnis nach Unterstützung. Und die Hoffnung, dass da jemand ist, der sich verlässlich und in unserem Sinn um unsere dringenden Anliegen kümmert.

Die Antwort, die progressive Parteien dringend geben müssen, wenn sie gegen die konservative Vormacht in Österreich ankommen wollen, geht also über ihre jeweiligen Konzepte und Politiken hinaus: Es ist die Antwort auf die Frage, warum wir gerade ihnen dieses Vertrauen geben können!

Willkommenskultur ist so links wie Nudelsuppe

Ergänzungen zu Christoph Hofingers Analyse “Der Kampf um die Mitte” (Falter 21/16)

[Framing]
[FPÖ]
[Sebastian Kurz]
[Medienframes]

Ja, Framing! Endlich bekommt ein wichtiges Thema ein wenig mehr Aufmerksamkeit. Christoph Hofinger liefert im Falter einen kluger Text, Pflichtlektüre für politisch interessierte Menschen. Schade bloß, dass die Analyse im alten rechts-Mitte-links-Bild hängen bleibt.

Politisch links ist kein Ort, kein Zustand, sondern nur ein Bild, an das wir so sehr gewöhnt haben, dass wir es für eine Realität halten. Tatsächlich ist Willkommenskultur genauso “links” wie Nudelsuppe.

Wir Menschen entscheiden primär auf Basis unserer Werte. Und da beginnt es bei Hofingers Text zu haken: Es gibt keinen originären FPÖ-Wertekanon! “Strafe” ist nicht “FPÖ-Wertekanon” sondern viel eher konservativer Kanon. “Father knows best” und wer sich dem strengen Vater nicht unterwirft, muss logischerweise bestraft werden. Dieser Vater könnte in diesem Frame Norbert Hofer sein (“Sie werden sich noch wundern…”). Dass aber der angeführte Sebastian Kurz Menschen als “Integrationsverweigerer” bezeichnet, ist nicht „desaströses Framing“ weil FPÖ-Wert. Sondern ist aus Framing-Sicht logisch und konsequent. Kurz zeigt in seinem ganzen politischen Wirken, dass Integration überwiegend Sache der MigrantInnen ist. Eine Pflicht! Die Rolle des Staates (Freifahrt für AsylwerberInnen, damit sie in ihre Sprachkurse gelangen können) reduziert sich bei Kurz auf Werteschulungen. Und die sind – logisch – Pflicht. Und der Migrant, die Asylwerberin ist verpflichtet, sich so rasch und so gut wie möglich zu integrieren und “unsere Werte” zu übernehmen. Sie tun das nicht? Dann entziehen sie sich einer klaren Verpflichtung. Sie verweigern sich ihrer Pflicht.

[Partei] = [Person] und hat darum Werte? Naja…

Menschen haben ihre jeweiligen Werte. So stehen zahlreiche SPÖ-FunktionärInnen in Wien der FPÖ näher als den grünen KoalitionspartnerInnen. Haben sie deshalb einen blauen Wertekanon übernommen? Nein. Ihre “deep seated frames” passen bloß besser zu den – gemeinsamen – konservativen Frames in der Flüchtlingsfrage, mit denen die FPÖ erfolgreich an die WählerInnen herantritt.

Zurück zu einer der zentralen politischen Metaphern, zum “rechts-links-Schema”, der imaginären Anordnung der Parteien anhand ihrer Positionen. Je weiter “außen” auf dieser vorgestellten Linie, desto extremer. Und in der Mitte? Dort ist alles gut und richtig, dort wollen alle hin, dort liegt der politische Erfolg! Oder? Oder etwa nicht?

SPÖ und ÖVP führen es uns seit Jahrzehnten vor: Wer den “Kampf um die Mitte” führt, wer als wichtigste Strategie entdeckt, sich “in die Mitte zu bewegen”, hat schon verloren.

Der von Christoph Hofinger angerufene George Lakoff, Linguist und politisch aktiver Berkeley-Professor, warnt ausdrücklich davor, sich politisch der „Mitte“ zuzuwenden. Um die “bi-conceptuals” auf die eigene Seite zu ziehen, gibt es für Lakoff nur einen Weg: Klarheit, was die eigenen Werte angeht, diese konsequent framen und kommunizieren. “In die Mitte rücken” oder “nach rechts dicht machen” sind für Lakoff Wege in den Misserfolg.

Eine Partei, kann nur dann politische Hegemonie erreichen, wenn sie sich den Raum dafür selbst schafft. Kreativ, konsequent und vor allem auf Basis der eigenen Werte. Das Schielen nach der “Mitte” oder nach den Erfolgsrezepten der anderen ist schlichte Zeitverschwendung.

Übrigens gibt es interessante Untersuchungen dazu, dass JournalistInnen dazu neigen, konservative Frames und Frames der Regierenden zu übernehmen. Nicht aus innerer Überzeugung, aus Feigheit oder weil sie dem Kanzler gefallen wollen, sondern weil etablierte konservative Frames als „objektiv“ empfunden werden. Ist das nicht interessant?

Bundespräsidentschaftswahl: drei unnötige Überhöhungen

[Bundespräsidentschaftswahl]
[FPÖ]
[Grüne]
[Hofer]
[Van der Bellen]

Heute wird viel analysiert und debattiert und interpretiert. Dabei stehen drei Fäden im Vordergrund:

Die Wahl haben die “FPÖ breiter” gemacht.
JedeR zweite WählerIn habe ja blau gewählt und das würde Auswirkungen auf kommende Wahlen haben. Allerdings lese ich nirgendwo, dass dasselbe plus 0,6 Prozent für die Grünen gelten müsste. Schließlich haben die Grünen ihr Ergebnis von der Nationalratswahl 2013 um etwa 300 Prozent übertroffen. Heißt der/die nächste BundeskanzlerIn also Ingrid Felipe oder Rudi Anschober?

Zerbricht Österreich an der “Spaltung des Landes”?
Metaphorisch gesehen ja recht hübsch: [Österreich] = [Körper], ein physischer [Gegenstand], der gespalten werden kann.
Was ist tatsächlich passiert? Gar nichts! Wer sich nicht dem grün-überparteilichen Van der Bellen anschließen wollte, hat den blau-konservative-freiheitlichen Hofer gewählt. Nicht aus Überzeugung (das war im ersten Wahlgang so), sondern mangels Alternative. Selbst gar nicht so wenige Griss-WählerInnen haben im zweiten Durchgang Hofer angekreuzt. Werden die bei einer kommenden Nationalratswahl FPÖ wählen? Wohl eher nicht.

“Die Wahlkarten haben entschieden.”
Nein haben sie nicht. Bei einer Bundespräsidentschaftswahl ist tatsächlich jede Stimme gleich viel wert. Anders als bei Parlaments- oder Landtagswahlen werden alle Stimmen gleichwertig zusammengerechnet. Die Wahlkarten/Briefwahlstimmen werden später ausgezählt. Entschieden haben allerdings jene 72,7 Prozent der wahlberechtigten ÖsterreicherInnen, die sich an der Wahl beteiligt haben. Gleichwertig.

DENKEN SIE NICHT AN EINEN ROSA ELEFANTEN

SCHWERPUNKTTAG  FRAMING IN DER GESELLSCHAFTSPOLITISCHEN ARBEIT

Datum: Dienstag, 28. Juni 2016
Uhrzeit: 9:30 – 17 Uhr
Ort: Kolpinghaus Wien 9 – Seminarraum 11
Althanstraße 51
1090 Wien
(direkt erreichbar mit der Linie D, Station Augasse, bzw über U6, U4 und über den Franz Josephs Bahnhof)
Gruppengröße: max. 12 Personen
Kosten: € 135,-

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Heimat! Wer will schon einen Begriff kapern?

[Heimat]
[Bundespräsident]
[Van der Bellen]
[Hofer]
[FPÖ]

Ö1 Mittagjournal, Freitag, 6. Mai 2016.
Der Politikberater Thomas Hofer wird befragt, wie denn das mit dem Begriff “Heimat” sei, den sowohl Alexander van der Bellen als auch Norbert Hofer plakatieren.

Überraschung für mich: Ich bin komplett anderer Meinung als Thomas Hofer.

Der sonst recht einfühlsame Analytiker bleibt diesmal extrem im Polittechnischen:
“Man möchte Hürden abbauen für bürgerliche Wähler”, “die Botschaft ist (…) das ist ja eh kein linksgrüner, der setzt ja auch auf Heimat”, “Man muss es versuchen, um in Richtung der Griss- und Kohl-Wähler zu kommen”,…

Das stimmt schon alles. Eh.
Was Hofer aber übersieht, ist spätestens nach folgendem Satz im Interview klar:
“Die (linken WählerInnen) haben sowieso keine Wahl, die müssen sowieso Van der Bellen wählen.”

Sorry, Herr Hofer, aber da fehlt etwas.
Auch “Linke”, wer auch immer das wäre, haben einen Heimatbegriff.
Auch “Linke”, wer auch immer das wäre, haben Sehnsucht nach einem Zuhause.
Auch “Linke”, wer auch immer das wäre, haben einen Ort, mit dem sie sich identifizieren.

Bloß: In der politischen Kommunikation haben sich die linken und progressiven Parteien, aber auch die liberalen, über den Begriff seit Jahrzehnten nicht drübergetraut.
Und dass das Wahlkampfteam Van der Bellen ENDLICH beginnt, den Begriff Heimat auch “von links” zu framen, ist eine der besten Ideen, die sie gehabt haben.

Den Begriff Heimat der FPÖ und der ÖVP Wegnehmen geht nicht?
Will das denn überhaupt jemand?
Um mit Konservativen Menschen in einen Dialog über Heimat und die Bedeutung dieses Begriffs treten zu können, braucht es ein eigenes Verständnis, eigene Metaphern, eigene “linke” Worte dafür.
Also einen eigenen Frame für Heimat.
Und da macht die VDB-Kampagne ENDLICH erste Schritte. Babyschritte. Aber inmmerhin.

Versöhnlicher Schluss: Einen Satz von Thomas Hofer zur VDB-Kmpagne unterschreibe ich gerne gleich mehrfach: “Mir fehlt ein wenig die Emotion. Ich glaub, es bräuchte schon auch noch thematische Initiativen.”

Khol: Gutes Framing, schlechte Perfomance

[Andreas Khol]
[strict father]
[Stärke]

Andreas Khol.
Gutes Framing, schlechte Perfomance.

Ja, warum eigentlich? Warum hat Andreas Khol so ein schlechtes Ergebnis bei der Bundespräsidentenwahl 2016 eingefahren?

Mich beschäftigt ja hier das Framing.
Und das war gut!
Starke Authoritäten gefallen Konservativen.

[Andreas Khol] als [strict father] zu framen, war bestimmt eine tadellose Entscheidung: Khol knows best, er kann “Österreich stärken”, “Erfahrung macht stark”, “Eine Stärke von mir ist sicher auch der Weitblick”,… da hat sich jemand etwas gedacht.

Konservative Werte durchdekliniert auch auf der Website: “Familie”, “Fleiss” (sic), “Gemeinschaft”,… genau die eigene, klassische wertkonservative Gemeinde bedient.
Gratuliere!

Warum er dann trotzdem dermaßen verloren hat?
Drei schlanke Erklärungsversuche:

  • Die klassische wertkonservative WählerInnenschaft ist wohl nicht mehr größer.
  • 6 KandidatInnen – 5einhalb davon für Konservative zumindest auch wählbar (die fehlenden zwei Viertel gehen zu Van der Bellen und Hundstorfer, die für Khols Kernklientel unwählbar sind) – das kann sich nicht ausgehen.
  • und vor allem: ÖVP? Wer ist die ÖVP? Beim Wahlergebnis nach der Bundespräsidentenwahl 2016 zeigt sich ganz klar, dass die ÖVP kein relevanter Player mehr ist.

Sorry, guys!

„Nazi“ schreien bringt nicht so viel…

[Identitär]
[Patriotismus]
[Nazi]

Es war also eine „ästhetische Intervention“, der Auftritt der „Identitäten Bewegung“ am 14. April 2016. Aha.

Auf ihrer fb-Seite schreiben die jungen Rechten über die „mutigen Aktivisten“, die „die erfolgreiche Aktion“ feiern. „Lehnt euch zurück und freut euch mit uns über dieses erfolgreiche patriotische Zeichen, das in der jüngeren Geschichte seinesgleichen sucht.“

Die kleine, gut organisierte Truppe hat es geschafft, ihr Thema in die Medien zu bringen. Das linke, progressive Österreich steckt vor allem in einer Argumentationslinie fest:
Die Nazi dürfen das nicht. Weil 1923.

Die identitären AktivistInnen dagegen sind in ihrer Botschaft ganz klar:

„Sie wollen das Blut von Bataclan auf die Bühne des Audimax bringen.“
„Sie wollen für ihre Zukunft aufstehen und Gesicht zeigen.“

Sie illustrieren vorbildlich einen ihnen wichtigen Frame:
[Multikulti]=[Blutvergießen]

Und die jungen Rechten gehen auf den zu erwartenden Frame [Identitäre]=[Nazi] schon vorgreifend ein:

„Wir sind keine Nazis.
Wir sind eure Kinder
Wir sind die Jugend ohne Migrationshintergrund. Und wir wollen eine Zukunft für uns in diesem Land.“

Sie gehen also einen gewagten Schritt weiter, der in ihrem Umfeld aber gut ankommt:
[Multikulti]=[Umvolkung]
[Jugend ohne Migrationshintergrund] hat keine [Zukunft in diesem Land]

Zumindest aus Framing-Sicht haben die Identitären recht: „Die Multikultis zeigen keine Einsicht“.